1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikSenegal

Senegal: Wahlen mit Vuvuzelas

Kate Hairsine
24. März 2024

Senegals Präsident Macky Sall wollte die Wahlen eigentlich auf Dezember verschieben. Doch nun wurde bereits an diesem Sonntag gewählt. Wer steht zur Wahl, und wie kam es überhaupt zu einer Verschiebung?

https://p.dw.com/p/4e142
Senegal Wahlkampf Präsidentschaftswahl Anhänger Khalifa Sall
Wahlkampf mit Vuvuzelas: Anhänger des Kandidaten Khalifa Sall tröten für ihren FavoritenBild: SEYLLOU/AFP

An diesem Sonntag wurde im Senegal gewählt. Der Wahlkampf war voller Schwung, mit Kundgebungen, Autokorsos und Politikern, die von Tür zu Tür gingen, um die Wähler für sich zu gewinnen.

Weil die ursprünglich für Februar angesetzten Wahlen verschoben wurden, verkürzte sich die Zeit für die offizielle Wahlkampagne. So blieben den 19 Kandidaten, die sich um das Präsidentenamt in dem westafrikanischen Land bewerben, nur zwei Wochen, die mehr als sieben Millionen registrierten Wähler von sich zu überzeugen.

Bassirou Diomaye Faye, einer der Spitzenkandidaten in dieser Wahl, hatte noch weniger Zeit. Er war seit April 2023 inhaftiert und konnte das Gefängnis im Rahmen eines Amnestieabkommens erst am Donnerstag in der Woche vor den Wahlen verlassen. So blieb ihm nur wenig mehr als eine Woche für persönliche Begegnungen mit den Wählern.

Amadou Ba, Macky Salls Wunschkandidat

Präsident Macky Sall sähe es am liebsten, wenn ihm Amadou Ba im Amt folgen würde. Dieser trat dafür von seinem Amt als Premierminister zurück, um für die Präsidentschaft zu kandidieren.

Der 62-Jährige, der auf eine lange Karriere im Staatsdienst zurückblicken kann und auch schon das Amt des Wirtschafts- und des Außenministers bekleidete, ist mit dem Slogan "Prosperity Shared" (Gemeinsamer Wohlstand) angetreten.

Präsident Macky Sall und der damalige Premierminister Amadou Ba geben sich die Hand
Präsident Macky Sall (r.) hofft, dass Amadou Ba (l.) seine Nachfolge antrittBild: SEYLLOU/AFP/Getty Images

Bevor Sall die Wahlen im Februar unvermittelt aussetzte, wurde Ba allgemein als wahrscheinlicher Gewinner betrachtet. Doch die Verschiebung der Wahlen schürte die schwelende Verdrossenheit der Menschen mit der regierenden Benno-Bokk-Yakaar-Koalition nur noch weiter.

Ba habe die Wähler nicht begeistern können, schreibt Amy Niang vom "Council for the Development of Social Science Research in Africa", einem regierungsunabhängigen Forschungsinstitut, in einem Artikel in der Online-Publikation The Conversation.

Dort heißt es: "Ba steht für den Status Quo. Er ist ein wohlhabender Kandidat, dem es schwer fällt, die verarmte Wählerschaft davon zu überzeugen, dass er der Aufgabe gewachsen ist."

Trotz massiver Investitionen in den Gas- und Ölsektor des Landes mit 18 Millionen Einwohnern leben drei von fünf Senegalesen unterhalb der Armutsgrenze.

Bassirou Diomaye Faye: viele Monate in Haft

Der erst kurz vor der Wahl aus der Haft entlassene Kandidat Faye wiederum war wegen Missachtung des Gerichts, Verleumdung und möglicher Gefährdung des öffentlichen Friedens angeklagt worden.

Die Veröffentlichung einer Nachricht, die als kritisch gegenüber dem Justizsystem des Landes angesehen wurde, hatte im April 2023 zu seiner Verhaftung geführt.

Der 49-jährige Steuerprüfer wurde einer größeren Öffentlichkeit erst durch die Unterstützung des charismatischen Oppositionspolitikers Ousmane Sonko bekannt. Der war im vergangenen Jahr ebenfalls inhaftiert worden und wurde am Donnerstag, dem 14. März zusammen mit Faye freigelassen.

Sonko galt als wichtigster Herausforderer der Regierungspartei von Macky Sall. Aufgrund einer Verurteilung wegen Verleumdung wurde er jedoch von der Kandidatur ausgeschlossen. Im Volk genießt er weiterhin breite Unterstützung.

Wahlplakat von Bassirou Diomaye Faye
Auf seinen Wahlplakaten wirbt Diomaye Faye (r.) mit der Unterstützung durch Sonko (l.)Bild: SEYLLOU/AFP

Tausende von Unterstützern strömten auf die Straßen der Hauptstadt Dakar, um seine Freilassung zu feiern. Autos hupten und singende und tanzende Menschen riefen "Sonko, wir haben dich vermisst". Wahlplakate mit dem Slogan "Diomaye ist Sonko" zeigen nun Sonko und Faye Seite an Seite.

Bassirou Diomaye Faye hat nicht nur versprochen, die Korruption zu bekämpfen, er will auch Verträge zwischen der Regierung und Unternehmen in zahlreichen Bereichen, von Energie über Bergbau bis zu Fischerei, neu verhandeln.

Seine Unterstützung durch Sonko sendet ein Signal der Hoffnung, denn Sonko ist bei den jungen Menschen in den Städten beliebt, die vom Mangel an Arbeitsplätzen und die wirtschaftlichen Not frustriert ist. Etwa 60 Prozent der senegalesischen Bevölkerung ist jünger als 35 Jahre.

Schon vor seiner unerwarteten Entlassung aus dem Gefängnis gingen die Wahlkämpfer seiner Partei von Tür zu Tür, um um Stimmen zu werben. "Jeden Abend zwischen 18 und 22 Uhr, klopften wir an die Türen", erzählt Fatou Bintou Sarr der DW. Sie leitet in der Gemeinde von Pikine Nord in der Nähe von Dakar die Kampagne der Frauen. "Wir waren bereits in der gesamten Gemeinde. Jetzt müssen wir die Leute nur noch motivieren, wählen zu gehen."

Unter den Kandidaten ist nur eine Frau

Zu den 19 Kandidaten zählen auch der 63-jährige ehemalige Premierminister Idrissa Seck, der bei den Wahlen 2019 auf dem zweiten Platz landete, sowie Khalifa Sall, 68, der zweimal Bürgermeister von Dakar war und nicht mit dem Präsidenten verwandt ist, und – als einzige Frau – die 40-jährige Unternehmerin Anta Babacar Ngom.

"Man kann nicht über die Entwicklung des Senegal sprechen, ohne über Frauen und junge Menschen zu sprechen", sagt Fatou Sylla, die für Ngoms Wahlkampagne arbeitet, zur DW. "Sie ist nicht nur eine Frau, sie ist auch jung und Unternehmerin. Wir sind sehr stolz."

Erstmals wird im Fastenmonat Ramadan gewählt

Zum ersten Mal wird in dem überwiegend muslimischen Land während des Ramadan gewählt, für Muslime weltweit ein Monat des Fastens, Betens und der inneren Einkehr. Iman Moctar Ndiaye von der Großmoschee "Liberte 6" in Senegals Hauptstadt Dakar findet mahnende Worte für seine Landsleute während des Wahlkampfes.

"Niemand sollte das Fasten brechen und untertags in Autokolonnen herumfahren, mit Beleidigungen um sich werfen und sich so verhalten, dass der soziale Frieden und die Stabilität des Landes gefährdet wird", erklärte er.

Jubelnde Menschen nach der Freilassung der Oppositionspolitiker Sonko und Faye
Nach Freilassung der Oppositionspolitiker Sonko und Diamaye feierten ihre Anhänger in den Straßen von DakarBild: Zohra Bensemra/REUTERS

Wahlexperte El Hadji Saidou Nourou Dia befürchtet, dass es mitten im Ramadan schwierig wird, eine hohe Wahlbeteiligung zu erreichen. "Aber wenn jeder Senegalese gewillt ist, zur Entwicklung des Landes beizutragen, sollte das Fasten einen nicht davon abhalten, zur Wahl zu gehen. Jeder einzelne von uns sollte die Verantwortung dafür tragen, welchen Präsident wir wählen", sagt er zur DW.

Warum blickt die Welt auf den Senegal?

Seit der Senegal 1960 die Unabhängigkeit von Frankreich errang, werden regelmäßig Wahlen abgehalten. Zu einem Staatsstreich kam es nie. Das macht den Senegal zu einem Bollwerk der Stabilität in einer ansonsten instabilen Region, die in den vergangenen Jahren durch militärische Machtübernahmen in Mali, Burkina Faso, Guinea und Niger erschüttert wurde und durch eine sich verschlechternde Sicherheitslage und wachsenden islamistischen Terror gezeichnet ist.

Protest in Dakar: Rauch und rennende Menschen
Nach der Verschiebung der Wahlen kam es zu ProtestenBild: John Wessels/AFP

Die Verschiebung der für den 25. Februar geplanten Wahlen stürzte den Senegal jedoch zunächst in eine politische Krise. Denn acht Stunden vor dem offiziellen Beginn des Wahlkampfs hatte der scheidende Präsident Sall die Wahlen abgesagt und damit gewaltsame Proteste und Festnahmen ausgelöst.

Der Verfassungsrat, die oberste Wahlbehörde des Senegal, machte Salls Entscheidung, die Wahlen bis in den Dezember zu schieben, allerdings wieder rückgängig und entschied, dass sie vor dem Ende seiner Amtszeit am 2. April abzuhalten seien.

Für Djibril Gningue, Exekutivdirektor der Plattform der zivilgesellschaftlichen Akteure für die Transparenz der Wahlen im Senegal, besteht die Herausforderung für sein Land nun in der Rückkehr zu, "friedlichen, ehrlichen und transparenten Wahlen, die dem Wahlkalender folgen".

Mit Wahlergebnissen wird erst in den Tagen nach der Wahl gerechnet. Erhält keiner der 19 Kandidaten mehr als 50 Prozent der Stimmen, kommt es zu einer Stichwahl.
 

Zu diesem Artikel hat Robert Ade in Dakar beigetragen.

Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.