1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kauft Saudi Arabien sich auch im Tennis ein?

26. Juni 2023

Saudi Arabien stellt mit viel Geld die internationale Sportwelt auf den Kopf und betreibt Sportswashing. Neben Fußball, Golf oder Motorsport gibt es nun auch Gespräche mit der Tennis-Spielervereinigung ATP.

https://p.dw.com/p/4T3cc
Novak Djokovic schlägt eine Vorhand
Werden Spieler wie Novak Djokovic künftig auch aus Saudi Arabien finanziert? Bild: EMMANUEL DUNAND/AFP/Getty Images

Die Fußball-Superstars Cristiano Ronaldo Karim Benzema und N’Golo Kanté sind schon da. Einige andere sollen in den kommenden Tagen und Wochen noch folgen. Stehen bald auch die internationalen Tennis-Heroen wie Novak Djokovic oder Carlos Alcaraz in engeren beruflichen Beziehungen zu Saudi Arabien? Zumindest sucht der saudische Staatsfonds derzeit den Kontakt zum Profi-Tennis. Der Public Investment Fund (PIF) befindet sich in direktem Austausch mit der Spielervereinigung ATP.   

Andrea Gaudenzi, ATP-Vorsitzender, sagte der "Financial Times", er habe "positive Gespräche" mit dem Public Investment Fund und anderen potenziellen Investoren geführt, um verschiedene Sportprojekte und Unternehmungen zu unterstützen, darunter Infrastruktur, Technologieinvestitionen und Veranstaltungen in neuen Märkten.

Eigene Golftour LIV

Der Golfstaat will seinen Einfluss auf den internationalen Sport mit dieser Initiative offenbar erweitern - und das Sportswashing weiter ausbauen? Die Verbesserung des Rufes und das Ablenken von Menschenrechtsfragen sei ein Aspekt des Investments. Aber: "Wirtschaft ist der treibende Faktor der ganzen Strategie. Das Zauberwort heißt Diversifizierung", sagte Sebastian Sons, der zur Sportpolitik Saudi-Arabiens und anderer Golfstaaten forscht, der österreichischen Zeitung Der Standard. Denn dass das Erdöl nicht für immer fließen wird, darüber ist man sich in dem Golfstaat im Klaren. Außerdem sei dies "ein Versuch, sich in der arabischen Welt als Supermacht im Sport zu etablieren und die Konkurrenz aus Katar und den Emiraten zu überflügeln", so Sons.  

Martin Kaymer
Deutschlands Top-Golfer Martin Kaymer spielte auf der LIV-Tour Bild: Malcolm Mackenzie/empics/picture alliance

Im Motor- und im Kampfsport ist Saudi-Arabien als Gastgeber bereits etabliert, den Zuschlag für die Asien-Winterspiele 2029 und die Asienspiele 2034 hat das Königreich ebenfalls schon erhalten. Zuletzt hatten die Saudis auch eine eigene Golftour (LIV)  gegründet und mit horrenden Preisgeldern (255 Millionen US-Dollar in der ersten Saison) eine Gegenveranstaltung zur traditionellen PGA-Tour aufgebaut. Nach vielen harten juristischen Auseinandersetzungen fusionierten beide Organisatoren im Juni überraschend und arbeiten nun unter einer Dachgesellschaft zusammen.

Keine Einheit im Tennis 

Im Fußball ist ebenfalls kein Preis zu hoch, um europäische Topstars zu verpflichten. Geradezu obszöne Gehälter von 200 Millionen Euro jährlich etwa für den Portugiesen Ronaldo sollen im Golfstaat bezahlt werden. Und auch beim Premier-League-Klub Newcastle United hat sich der Staatsfond PIF mit 80 Prozent eingekauft. Das alles wird finanziert von Saudi Aramco, der größten Erdölfördergesellschaft der Welt, die größtenteils dem saudischen Staat gehört und alleine im Jahr 2022 einen Gewinn von rund 150 Milliarden US-Dollar verbuchte. 

 Christiano Ronaldo beim Torschuss
Superstar Cristiano Ronaldo soll beim al-Nassr FC in Saudi Arabien bis zu 200 Millionen Euro jährlich verdienenBild: Mohammed Saad/AA/picture alliance

Ein Teil dieses Geldes könnte nun auch in den Tennis-Sport, der, anders als etwa Golf, nicht einheitlich organisiert ist. Die vier Grand Slam-Turniere (Australian Open, French Open, Wimbledon und US Open) werden unabhängig von der ATP und der Frauenvereinigung WTA vom Internationalen Tennisverband ITF veranstaltet. Genau wie der Davis Cup oder der Billie Jean King Cup.

ATP-Chef Gaudenzi warnte - wohl auch mit Blick auf die Entwicklungen im Golfsport - indes, dass externe Investoren "die Geschichte des Sports und des Produkts respektieren und mit den derzeitigen Interessenvertretern zusammenarbeiten müssen und nicht gegen sie“. Was genau das heißt, ließ er allerdings offen. 

"ATP braucht kein Geld"

Aber Gaudenzi öffnete gleichzeitig die Tür für externe Finanzspritzen, wohl auch, weil er gegen die seiner Ansicht nach zu große Fragmentierung der Tennis-Veranstaltungen ist. "Es gibt viele Möglichkeiten, ein Investor des Ökosystems zu werden. Es geht nicht nur darum, eine neue Tour zu gründen oder ein Turnier zu kaufen", sagte der Italiener. In Bereichen wie Medienproduktion, Datenerfassung und Technologie gebe es Spielräume.

Die Tour "braucht kein Geld und muss mit einer Verwässerung vorsichtig sein", sagte Gaudenzi. Die ATP hat sich von den Problemen in der Corona-Pandemie erholt und hat im Jahr 2022 rund 250 Millionen US-Dollar eingenommen. Im Jahr 2020 gab es während der Pandemie einen Tiefststand von 93 Millionen US-Dollar. Wohin die Reise in Sachen Investment im Tennis also geht, bleibt offen.

Gaudenzi sagt: "Letztendlich will man die besten Spielerinnen bei den besten Turnieren der Welt sehen. Je mehr man fragmentiert und aufteilt, desto mehr Verwirrung stiftet man."